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An all diesen Intrigen war der König von Polen beteiligt, nicht allein, um den Petersburger Hof gegen den Berliner Hof zu erbittern, sondern auch um aus der Freundschaft der Kaiserin Elisabeth Vorteile für seine Familie herauszuschlagen. So bat er sie um ihren Beistand für die Verleihung des Herzogtums Kurland an seinen dritten Sohn, Prinz Karl. Die Kaiserin, die den Sachsen gewogen war, willigte ein, und August III. belehnte seinen Sohn mit Kurland1. Der neue Herzog reiste nach Petersburg, um der Kaiserin für ihre Gunst zu danken, und mischte sich dort bei seinem unruhigen und hitzigen Charakter in alle Hofintrigen. Aber sein grobes Benehmen, sein hochfahrendes und geringschätziges Wesen entzweiten ihn bald mit dem Großfürsten und seiner Gemahlin. Er zog sich ihre Feindschaft und ihren Haß zu, der ihn in der Folge stürzen sollte.

Während die Kaiserin von Rußland Herzogtümer vergab und sich Königreiche aneignete, war sie selber nicht ohne Besorgnis. Fürchtete sie doch, die Engländer könnten — als Bundesgenossen der Preußen wie aus Groll über das Betragen der Russen gegen sie seit Beginn des Krieges — eine Flotte in die Ostsee schicken und den Hafen von Kronstadt in Brand schießen. Um solchen Unternehmungen vorzubeugen, brachten die russischen Minister einen Dreibund mit Schweden und Dänemark zustande, um fremden Flotten die Durchfahrt durch den Sund zu verwehren. Die Schweden kamen bei dieser Konvention auf ihre Rechnung, und die Dänen wurden durch die französischen Subsidien zum Beitritt bestimmt. So wurde der Vertrag zwischen den drei Mächten denn rasch abgeschlossen2.

England gab wenig auf die Maßnahmen der drei nordischen Mächte, die den britischen Geschwadern die Einfahrt in die Ostsee sperrten. England beherrschte den Ozean und alle anderen Meere. Was lag ihm an der Ostsee und am Sund! Die englischen Admirale Boscawen und Amherst hatten Kap Breton genommen3, und Keppel hatte die Insel Gorea an der afrikanischen Küste besetzt. Indien bot ihnen Gelegenheit zu Eroberungen, die Küsten von Dänemark, Schweden und Rußland aber keine.

Doch die großen Erfolge der Engländer nahmen dem König von Preußen nichts von der Last, die er trug, und schirmten seine Krone nicht vor Gefahren. Umsonst


1 Herzog Biron von Kurland, von der Kaiserin Anna zum Regenten von Rußland ernannt, war am 20. November 1740 von Münnich gestürzt und darauf nach Sibirien verbannt worden (vgl. Bd. II, S. 5 f. 60 f.). Mit Zustimmung der Kaiserin Elisabeth wählte die kurländische Ritterschaft 1758 den Prinzen Karl zum Herzog. Nach ihrem Tode (1762) aber berief Peter III. Biron zurück, und Katharina II. setzte ihn in das Herzogtum wieder ein, nachdem sie Prinz Karl mit Gewalt aus Mitau hatte entfernen lassen.

2 Im Juli 1756 hatten bereits Dänemark und Schweden eine Konvention zum Schutz ihres Handels gegen englische Kaper geschlossen. Im April 1758 trafen Rußland und Schweden ein Abkommen über die Ausrüstung einer gemeinsamen Flotte, das im März 1759 erneuert wurde und, während es allen seefahrenden Nationen volle Handelsfreiheit in der Ostsee zusicherte, blockierte preußische Seestädte anzulaufen verbot. Die Angabe über einen dänisch-russischen Vertrag beruht auf Irrtum.

3 Die Festung Louisburg auf der Insel Kap Breton am Eingang des St. Lorenz-Golfes war am 26. Juni 1758 erobert worden.